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Ein Plädoyer für seelische Grenzen in einer lauten Welt

Abgrenzung und Abstand als Schutz

In einer Welt, die nie schläft, in der Mitteilungen blinken, Erwartungen rascheln und Nähe manchmal zum Zuviel wird, braucht es eine oft unterschätzte Kunst: die Kunst der Abgrenzung.

Abgrenzung ist kein Rückzug aus dem Leben – Abgrenzung ist ein Schutzraum für das Eigene.

Viele von uns – Fühlende, Hörende – kennen das Phänomen: Die Seele wird leiser, wenn wir zu viel Nähe zulassen, wo eigentlich Abstand heilsam wäre. Es beginnt subtil: ein Unwohlsein in Gesprächen, ein flüchtiger Wunsch, das Handy einfach auszuschalten, das Gefühl, für andere mehr da zu sein als für sich selbst.

Psychologische Perspektive: Nähe braucht Grenzen

Ein reifes ICH

Psychologisch gesehen ist Abgrenzung ein elementarer Bestandteil der Ich-Funktion. Ein reifes Ich erkennt, wo es endet – und wo der andere beginnt. Diese Grenze ist nicht hart oder kalt, sondern lebendig, durchlässig, bewusst gesetzt. Sie ist das seelische Pendant zur Haut: eine Membran, die schützt, filtert und in Beziehung bleibt – ohne sich aufzulösen.

Gerade in unterstützenden, beratenden und therapeutischen Berufen oder in Beziehungen mit hoher emotionaler Dichte besteht die Gefahr der emotionalen Überflutung – ein Zustand, in dem Empathie zur Selbstaufgabe wird. Abgrenzung wirkt hier wie ein seelischer Regenschirm im Gewitter der Erwartungen.

Abstand: Der Raum, in dem Klarheit wächst

Abstand ist kein Mangel an Beziehung. Im Gegenteil: Abstand schafft Perspektive. Ein gewählter innerer oder äußerer Abstand – sei es durch Rückzug, eine Pause, eine klare Grenze – gibt Raum zum Atmen, zum Fühlen, zum Denken. In der Tiefenpsychologie spricht man von der „Neutralen Haltung“ – eine professionelle Form des inneren Abstandnehmens, um überhaupt resonanzfähig zu bleiben. Nähe ohne Abstand wird zur Verschmelzung, und Verschmelzung zur Belastung.

Abgrenzung in der Liebe – Nähe ohne Selbstverlust

In der Liebe wird es besonders heikel. Denn Liebe – so lehrt uns die Poesie – will verschmelzen, ganz sein, sich hingeben. Doch wahre Nähe entsteht nicht durch das Verschwinden des Ichs, sondern durch die Begegnung zweier klar umrissener Seelen.

Liebe braucht Freiheit. Und Freiheit braucht Grenzen.

In der psychodynamischen Sicht ist ein zentrales Merkmal reifer Liebe die Fähigkeit zur Ambivalenztoleranz: Ich kann dich lieben und zugleich bei mir bleiben. Ich kann dich fühlen, ohne mich zu verlieren. Ich kann für dich da sein – Ohne mich aufzugeben.

Abgrenzung in der Liebe heißt nicht, weniger zu lieben. Es heißt, echter zu lieben. Ohne Rollenspiel. Ohne Bedürftigkeit. Ohne das stille Geschäft „Ich geb mich auf, damit du bleibst.“

Viele Menschen – besonders jene mit frühen Beziehungserfahrungen von Unsicherheit oder Verlassenheit – geraten in ein inneres Dilemma: „Wenn ich mich abgrenze, verlierst du mich.“
Die Angst, nicht mehr geliebt zu werden, wenn man Nein sagt oder sich zurückzieht, ist tief verwurzelt. Doch paradoxerweise wird gerade durch das Fehlen von Abgrenzung die Beziehung porös. Man erwartet vom anderen, das eigene emotionale Gleichgewicht zu halten – und wird abhängig, statt verbunden.

Wenn ich meine Grenzen zeige – ruhig, klar, liebevoll –, lade ich den anderen ein, mich wirklich zu sehen. Ich mache mich greifbar, nicht verfügbar. Ich sage: „Das bin ich. Bis hierhin, nicht weiter. Nicht gegen dich, sondern für mich.“
Und wer dich liebt, wird nicht von der Grenze erschrecken – sondern von der Klarheit angezogen sein.

“In der zarten Balance zwischen Nähe und Abstand liegt die Kunst, nicht nur zusammen zu bleiben – sondern sich immer wieder neu zu begegnen.”

Körperliche Signale ernst nehmen

Unser Körper ist oft der ehrlichste Hinweisgeber. Müdigkeit, Verspannungen, Nervosität oder ein plötzliches inneres „Zuviel“ sind Signale, dass die Grenzen verwischt sind. Körperorientierte Achtsamkeit hilft, diese Signale früh wahrzunehmen und ernst zu nehmen. Die Fähigkeit, Nein zu sagen, beginnt oft mit dem Gefühl „Hier stimmt etwas nicht“.

Praktische Impulse für den Alltag

  • Grenzen benennen: Sag klar, was du brauchst – und was du nicht leisten kannst.
  • Zeit für dich einplanen: Nicht als Belohnung, sondern als Grundbedingung.
  • Emotionales Detox: Nicht jede Geschichte muss deine werden.
  • Sprich über deine Bedürfnisse, nicht nur über deine Ängste.
  • Sag „Ich brauche Raum“ – nicht „Du bist zu viel“.
  • Erkenne emotionale Co-Abhängigkeit – und wähle bewusst Nähe mit Distanz.
  • Bewusst atmen und spüren: Was ist deins, was gehört dem anderen?

Conclusio:

Abgrenzung ist Selbstachtung

Sich abzugrenzen heißt nicht, kalt zu werden. Es heißt, sich selbst genug zu achten, um sich nicht zu verlieren. Es ist ein Akt der Selbstfürsorge, der uns ermöglicht, in der Beziehung zu bleiben – ohne uns aufzugeben.

Sie möchten sich Unterstützung holen

Wenn Sie selbst davon Betroffen sind oder jemanden begleiten, der darunter leidet, sich schwer abgrenzen zu können und bei sich zu bleiben stehe ich Ihnen gern zur Seite. In einem geschützten und vertrauensvollen Rahmen können wir gemeinsam verstehen und aktiv werden.

Ich biete psychologische Beratung und Einzelstunden für Menschen an, die sich wieder mit ihrer eigenen Stärke verbinden möchten – fundiert, empathisch und individuell auf Ihre Situation abgestimmt.

Nehmen Sie gern Kontakt mit mir auf, wenn Sie einen Termin vereinbaren möchten oder noch Fragen haben. Der erste Schritt beginnt oft mit einem Gespräch. Ich freue mich darauf, Sie kennenzulernen.

Abgrenzung und Abstand

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Die Liebe – Leiser Aufruhr im Herzen

Die Liebe lässt uns wachsen, gedeihen und auch fallen. Ich kann die Zeit nicht messen, die in den letzten Jahren vergangen ist, in welcher ich immer wieder darüber nachdachte, wie kann ich einen neutralen objektiv und doch mit meinen Gefühlen anschaulichen Beitrag schreiben über die Liebe.

Die Liebe als ein Geschenk

Es gibt Worte, die man nicht definieren kann, ohne sie zu verlieren. „Liebe“ ist eines dieser Worte. Kein Begriff wurde häufiger besungen, verflucht, ersehnt – und doch bleibt sie ein Mysterium zwischen Sehnsucht und Bindung, zwischen Körper und Geist, zwischen Vergangenheit und der zarten Hoffnung, dass da jemand bleibt.

In der Psychologie sprechen wir von Bindungstheorien, von Objektbeziehungen, von Übertragungsliebe und Narzisstenfallen. Wir können erklären, warum wir uns zu bestimmten Menschen hingezogen fühlen – oft ist es ein Echo der frühen Beziehungserfahrungen. Die Liebe spiegelt unsere Innenwelt. Sie ist Projektionsfläche, Wachstumsraum und manchmal auch: Wiederholung des Schmerzes.

Doch jenseits der Theorie ist die Liebe ein lebendiger Vorgang. Sie ist nicht nur Gefühl – sie ist Entscheidung, Bewegung und oft auch Mut. Sie beginnt im Blick, wächst im Vertrauen und blüht im Alltag: in der Tasse Kaffee, die morgens bereitsteht. In der SMS: “Bist du gut angekommen?”. In der Geduld, einander wieder und wieder zu verstehen.

Liebe ist niemals perfekt

Liebe ist nicht immer süß. Sie ist Arbeit – Auch mit sich selbst. Denn wer liebt, wird konfrontiert: mit Angst, mit Nähe, mit Verletzlichkeit. Liebe macht weich. Und stark. Und das ist kein Widerspruch.

In Zeiten von Dating-Apps, Auswahloptionen und ewiger Selbstoptimierung hat die Liebe es schwer, Bestand zu haben. Doch vielleicht liegt gerade darin ihre Kraft: Dass sie sich nicht klicken lässt. Dass sie Zeit braucht. Dass sie wächst, wenn wir aushalten, was wir in uns selbst entdecken, wenn wir uns einem anderen Menschen zuwenden.

Und dann – in einem Moment zwischen Alltag und Ewigkeit – kann sie geschehen: diese leise, tiefe Gewissheit, dass wir verbunden sind. Nicht perfekt. Aber echt.

Psychologische Perspektive zum Weiterdenken:

  • Wie beeinflussen unsere frühen Bindungserfahrungen unsere Liebesfähigkeit?
  • Was bedeutet es, in einer reifen Beziehung „bei sich“ und „beim anderen“ zu sein?
  • Welche Rolle spielt Selbstliebe im Liebesgeschehen?

– Die Liebe ist kein Ziel. Liebe ist ein Weg. Kein Besitz. Sondern eine Einladung. Wer liebt, hat den Mut, zu bleiben – Auch wenn’s ruckelt. –

„Dennoch – Die Liebe.“

Ein poetisch-psychologischer Streifzug durch das zarteste aller Gefühle.

Es gibt Wörter, die sind wie Fenster zur Seele. Die Liebe ist eines davon.
Alt wie die Zeit. Und doch – jedes Mal, wenn sie uns trifft, fühlt es sich an wie das erste Mal.

Wir sprechen so oft von ihr. Und doch entzieht sie sich dem Zugriff, flüchtig wie der Hauch auf einer Fensterscheibe. Ist sie ein Gefühl? Ein Zustand? Eine Haltung? Ein Wagnis?

Die Psychologie antwortet vorsichtig: Liebe ist Bindung. Und: Liebe ist Entwicklung.

Doch bevor wir sie in Theorien legen, lassen wir sie atmen:
Die Liebe beginnt dort, wo wir gesehen werden – mit all unserer Zartheit, mit dem, was wir schützen, weil es uns verletztlich macht. Sie lebt vom Mut zur Nähe. Vom Ertragen der Angst, verlassen zu werden – und dennoch zu bleiben.

Bildquelle: @Pixabay

Der Code unserer Liebesfähigkeit

In der Tiefe unserer frühen Bindungen liegt der Code unserer Liebesfähigkeit. Ein sicher gebundener Mensch liebt anders als jemand, dessen Urvertrauen brüchig ist. Die Psychoanalyse spricht hier von Objektbeziehungsmustern – von inneren Bildern, wie Beziehung geht. Wer einst lernen musste, dass Liebe an Bedingungen geknüpft ist, wird sich auch als Erwachsener oft nur dann liebenswert fühlen, wenn er etwas „leistet“. Und doch: Die Liebe kann uns verändern. Im Du können wir heilen. Wenn jemand bleibt, auch wenn wir nicht glänzen. Wenn Nähe nicht Strafe bedeutet, sondern Trost. Wenn wir sagen dürfen: Ich habe Angst. Und die Antwort lautet: Ich weiß. Ich bleibe.

Liebe ist ein Rythmus

Liebe ist kein Rausch – sie ist ein Rhythmus. Ein tägliches Neu-Einlassen. Ein Aushalten, dass der andere nicht ich ist. Ein Tanz zwischen Freiheit und Verbindlichkeit. Zwischen Ich und Wir. Und vielleicht ist das das Schönste: Dass wir in der Liebe nicht aufgehen müssen – sondern uns selbst treuer werden. Denn eine reife Liebe will nicht verschmelzen. Sie will begleiten.
Ein paar Gedanken zum Nachspüren

  • Wie sieht das innere Bild aus, das du von Liebe mit dir trägst?
  • Wen liebst du – und wie sehr liebst du dich in dieser Liebe?
  • Darfst du fordern – oder nur geben?
  • Glaubst du, du bist liebenswert? Auch in deinen Schatten?

Und wenn die Antwort heute Nein lautet: Dann sei milde mit dir. Denn die Liebe, sie beginnt nicht beim anderen. Sie beginnt da, wo wir uns selbst in den Arm nehmen. Mit allem, was wir sind.

„Lernen zu lieben – Die Reise durch Bindung und Selbstliebe“

Es gibt Lieben, die fühlen sich leicht an – wie warme Hände an kalten Tagen. Und es gibt Lieben, die sind ein Aufruhr, ein Kreisen um ein “Warum liebt er mich nicht?” oder “Warum verliere ich mich selbst, sobald es ernst wird?” Die Psychologie kennt Antworten. Keine endgültigen – aber tröstlich erklärende. Denn: Wie wir lieben, ist kein Zufall. Es ist geprägt. Eingeprägt. Tief in uns gespeichert.

1. Die vier Bindungstypen – unser inneres Beziehungsskript

Schon in den ersten Lebensjahren entwickeln wir einen Stil, wie wir Nähe erleben – oder meiden. Dies geschieht in der Beziehung zu unseren primären Bezugspersonen. John Bowlby, Mary Ainsworth und später auch heutige Bindungsforscher haben daraus das Modell der Bindungstypen entwickelt.

  1. Sicher gebundene Menschen vertrauen darauf, dass Nähe stabil ist. Sie können lieben und loslassen. Konflikte bedeuten für sie kein Ende – sondern ein Gespräch.
  2. Unsicher-vermeidende Menschen haben früh gelernt, dass emotionale Nähe nicht verlässlich ist. Sie wirken oft unabhängig, distanziert – doch tief innen tragen sie eine große Sehnsucht, die sie kaum zeigen.
  3. Unsicher-ambivalente Menschen haben erfahren, dass Zuwendung unberechenbar ist. Sie kämpfen, klammern, kontrollieren – aus Angst, verlassen zu werden. Nähe macht sie abhängig – doch Distanz zerreißt sie.
  4. Desorganisiert gebundene Menschen kennen oft Beziehung als Ort von Angst und Schmerz. Liebe ist für sie gleichzeitig Anziehung und Bedrohung. Oft tragen sie unverarbeitete traumatische Erfahrungen in sich.

Diese Muster prägen unsere Erwachsenenbeziehungen – solange, bis wir sie erkennen. Und das ist die gute Nachricht: Bindung ist lernbar. Wir sind nicht gefangen in unserer Kindheit. Aber wir müssen den Mut haben, hinzusehen.

2. Selbstliebe – das vergessene Fundament

Liebe beginnt nicht beim Du.
Sie beginnt im Ich.

“Wenn ich mich selbst nicht halten kann – wie soll ich dann für jemand anderen da sein?”

Selbstliebe ist nicht Egoismus. Sie ist die Grundlage jeder gesunden Beziehung.

Wer sich selbst liebevoll begegnet, muss keine Rollen spielen. Muss nicht ständig leisten. Darf sein – auch mit Ecken.
Und vor allem: Wer sich selbst liebt, kann auch Grenzen setzen – ohne Schuld.

Doch Selbstliebe wächst nicht im Spiegel. Sie wächst in der Tiefe der Selbstannahme. In der Arbeit mit unseren Schatten. In der Fähigkeit, uns selbst zu trösten.

Sie sagt: Ich bin nicht perfekt. Aber ich bin genug.

3. Was heißt das nun für die Liebe?

Wenn zwei Menschen lieben, treffen nicht nur ihre Gegenwarten aufeinander – sondern ihre inneren Kinder. Ihre Ängste, ihre Muster, ihre Hoffnungen. Ein sicher gebundener Partner kann für einen ängstlichen ein sicherer Hafen werden. Aber niemand heilt uns vollständig. Wir müssen den Weg zu uns selbst gehen – mutig, sanft, Schritt für Schritt.
Impulse zum Weiterdenken:

  • Welcher Bindungstyp beschreibt dich am ehesten – in Freundschaften, in der Partnerschaft?
  • Welche Erfahrungen haben dein Selbstbild geprägt?
  • Wo verweigerst du dir selbst Liebe, die du anderen mühelos gibst?

Und vielleicht, ganz leise:
Die Liebe ist keine Lösung. Aber sie kann ein Ort sein, an dem wir wachsen. Und manchmal, in einem stillen Moment, erkennen wir: Ich bin fähig zu lieben. Und ich bin es wert, geliebt zu werden.
Conclusio
Die Liebe ist kein fertiges Konstrukt, keine Garantie und kein Märchen ohne Brüche. Sie ist ein lebendiger Prozess – geprägt von unserem inneren Bindungsskript, genährt durch Selbstannahme und getragen von der Bereitschaft, uns immer wieder neu auf Nähe einzulassen. Wer seine eigenen Muster erkennt, wer sich selbst mit Milde begegnet, der schafft den Raum, in dem echte Verbindung entstehen kann. Nicht aus Bedürftigkeit, sondern aus innerer Fülle. Denn am Ende ist die Liebe nicht das, was wir bekommen. Sie ist das, was in uns lebendig wird, wenn wir aufhören, uns selbst zu bekämpfen. Und vielleicht ist genau das ihre tiefste Schönheit: Dass sie uns nicht perfekter macht – sondern menschlicher.

Über die Liebe

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Selbstwert - Das Epizentrum

Das Selbstwert bildet den Hotspot – Das Epizentrum – unserer Persönlichkeit. Dieses Zentrum kann man sich vorstellen, wie eine Hauptzentrale. Diese geräumige Hauptzentrale steuert – größtenteils unbewusst – wie eine Art innere Programmierung unsere Wahrnehmung, Gefühle, Gedanken und Handlungen.

Aber was meinen wir nun genau, wenn wir von – Selbstwertgefühl – sprechen.

Eine bis heute greifende Interpretation des Selbstwertgefühls lieferte bereite Ende des 19. Jahrhunderts William James, Mitbegründer der Psychologie, die in etwa so lautet: 

Je kleiner der Unterschied ist zwischen dem Idealbild von uns selbst und dem Realbild, also zwischen “So wäre ich gern! und “So bin ich tatsächlich”, desto stabiler ist unser Selbstwertgefühl.”

Kurzum: Wenn unsere Haltung sich selbst gegenüber grob mit dem Satz “Ich bin gut so wie ich bin” zusammengefasst werden kann, wir wohl gesonnen auf uns selbst blicken und uns als wertvoll wahrnehmen, dann können wir von einem sicheren Selbstwert sprechen.

Ein Mensch mit einem gesunden Selbstwertgefühl, ist sich nicht nur seiner Stärken und Schwächen bewusst – er steht zu diesen und versteht diese im großen und ganzen bewusst. Ihm ist außerdem klar, dass eine Persönlichkeit nicht nur aus Stärken bestehen kann und kann somit mit seinen Schwächen gut auskommen.

Menschen mit einem guten Selbstwertgefühl begegnen dem Leben grundsätzlich gern positiv, mit Beschwingtheit, Zuversicht, Gelassenheit und auch gern mit Neugier. 

Das Selbstwertgefühl gründet auf der subjektiven Wahrnehmung und beschreibt ein Gefühl und nicht eine rationale Bewertung.

Durch Urvertrauen - Selbstwert - Bildnachweis: @Pixabay

Die Freude an den eigenen Fähigkeiten

Ein Mensch mit einem guten und stabilen Selbstwertgefühl hat früh in seinem Leben eine ganz wesentliche Erfahrung machen dürfen: In erlebten und gefühlten Erfahrungen, welche sein Leben prägen: Sich selbst zu vertrauen. In Menschen, welche über ein sicheres Selbstwert verfügen, wurzelt Urvertrauen, weshalb sie sich auf einer tiefen Ebene seines Bewusstseins selbst zutrauen, das Leben mit seinen Höhen und Tiefen zu bewältigen. Das Bewusstsein, die eigenen Fähigkeiten zu kennen, löst Freude aus und kann in den entscheidenden Momenten – Halt und Zuversicht geben. 

Sollte das Schicksal dem Menschlein dann vor die Füße fallen und ihn in die Zange nehmen, was jeden Mensch leider früher oder später einmal widerfahren wird, so schöpft er aus seinen Ressourcen und wächst oben drein auf seiner persönlichen Ebene an diesen Herausforderungen. 

Jene, welche an den eigenen Fähigkeiten und Leistungen wachsen können, zeichnet das Charakteristikum für ein gesundes Selbstwertgefühl aus. Dagegen ist die Unfähigkeit, eigene Erfolge anzuerkennen und sich selbst wertzuschätzen, ein Hinweis auf ein gestörtes Selbstwertgefühl.

Dunedin - Studie: Selbstwertgefühl

Ein hohes Selbstwertgefühl pusht den Erfolg in Beruf und Partnerschaft. Diese Aussage wird in zwei Studien eindrucksvoll belegt: Zum einen in der angesehenen Dunedin – Studie, in der 1000 Personen, die in den Jahren 1972 und 1973 in der neuseeländischen Stadt Dunedin zur Welt kamen, in regelmäßigenen Abständen umfassend untersucht und über die Jahre hinweg zu einem Selbstwertgefühl befragt wurden, zum anderen hat der Entwicklungspsychologe Ulrich Orth (Universität Bern) mehrere Studien zum Thema veröffentlicht; “Self-Esteem Development Across the Life Span: A Longitudial Study With a Large Sample From Germany”. So sind Menschen mit einem gut ausgestattenten Selbstwertgefühl beruflich erfolgreicher als Selbstzweifler. Auf selbst ernannte Loser blickt bekanntlich niemand mit Wohlwollen.

Leistungsgesellschaft. Liebe und das Selbstwertgefühl

In einer modernen Leistungsgesellschaft kommen vor allem jene voran, die frei von jeglicher Überheblichkeit von sich überzeugt sind und sich entsprechend überzeugend präsentieren können. Auch in der Liebe punktet der “Selbstwertmensch”. Die Formel ist denkbar einfach: Wer selbst Geschmack an sich findet, den finden auch andere zum Anbeißen.” Hingegen führen Menschen, die mit sich selbst grollen, meist auch verdrossene Beziehungen. Das Hochgefühl in der Liebe erhöht wiederum die Selbstzufriedenheit. Eine wahrlich wunderbare engelsgleiche Wechselwirkung … 😉

Entscheidend ist der Grad unseres Selbstwerts

Der Gedanke an Herrn “Held” … Warum landet Herr Held nach minimaler Einstiegszeit im Matrix Konzern den Elevator Pitch und steigt selbstbewusst in die Chefetage auf, während Herr “Eule” noch immer artig auf seinem durchgesessenen Stammplatz in der Kundenakquise hockt. Wieso strahlt Vanessa auch im Lümmel Dress – Grazie – aus, während Melanies Gegenwart so viel Aufmerksamkeit erzeugt, wie die Anwesenheit von frei schwebenden Mikroben? Woran liegt es, dass sich Thilo konstant auf Liebes- Flughöhe mit seiner Auserwählten befindet, während Matthias nach kurzer Zweisamkeit panisch das Beziehungsfeld räumt?

Drei vermeintlich völlig unzusammenhängende Situationen, die bei näherer Betrachtung alle so dicht beisammen hängen wie “Mensch, Natura und Kosmos”.

Ob unser Leben glückt, ob unsere Vorhaben gelingen, hängt entscheidend vom Grad unseres Selbstwertgefühls ab! Ein hohes Selbstwertgefühl bringt uns beruflich, wie auch im Privatleben viele Vorteile. Der Stellenwert des Selbstwertgefühls in unserem Leben kann auf unzähligen Ebenen nicht genug gewürdigt werden. 

Gene und frühkindliche Erfahrungen prägen unser Selbstwert

Nun fragt man sich warum der eine von uns mit einer “LoveMySelf – Matrix” gesegnet ist, während der Andere mit einer “Loser” – Programmierung durchs Leben geht?

Aus wissenschaftlicher Sicht besteht Einigkeit: Neben frühkindlichen Erfahrungen bestimmen ebenfalls unsere Gene, wie wir uns selbst bewerten. Mit unserem Erbgut bekommen wir eine Reihe an Persönlichkeitsmerkmalen im wahrsten Wortsinn mit in die Wiege gelegt: “Resilienz” lautet aktuell das Zauberwort. Resilienz geht seit ca. 2020 “Viral”.

Ebenfalls in unseren Genen angelegt sind auch unsere Sensibilität und unsere Angstbereitschaft und diese bestimmen mit darüber, wie sich unser Selbstwertgefühl entwickelt. Diesbezüglich überrascht es kaum, dass ein extrovertierter Mensch per se in Puncto Selbstwertgefühl, einen Spritzer Oberwasser gegenüber einem Introvertierten hat. Selbstverständlich: “Extros” sind kontaktfreudiger, weltoffener und energetischer, als “Intro’s”. Jedoch Intro’s haben selbstverständlich auch andere Vorzüge – Welche eben nur auf dem ersten Blick schwerer zu erkennen sind.

Die elterliche Prägung wird als noch bedeutsamer beurteilt, als unser Erbgut. Unser Selbstwertgefühl wird nämlich zu einem Großteil von inneren Mustern bestimmt, die wir früher in unserer Kindheit erworben haben. Relevant ist hier vor allem die sensible Phase der ersten sechs Lebensjahre, in denen die wahrgenommenen Reize des Kindes zu Verknüpfungen der neuronalen Netze führen.

Ja! Ich bin es wert, dass man sich fürsorglich um mich kümmert!

Wenn wir das Licht der Welt erblicken, ist unser Gehirn nur zu circa 25 Prozent ausgebildet. Hinsichtlich unserer – Hardware -, also in Bezug auf die funktionalen Eigenschaften wie der Struktur des Nervensystems, stellt unser Gehirn bei unserer Geburt ein großes Spektrum an Möglichkeiten bereit. Wie sich unsere Software, also unsere Gedanken und Gefühle, jedoch letztlich formatiert hängt stark davon ab, welche Erfahrungen wir in den ersten sechs Lebensjahren machen. Erfüllen die Eltern einfühlsam und liebevoll die körperlichen und emotionalen Bedürfnisse des Kindes, so entwickelt der Bub oder das Madel mit hoher Wahrscheinlichkeit die Vorstellung: Ja! Ich bin es wert, dass man sich fürsorglich um mich kümmert! In solch einem Biotop ist die Chance auf gedeihende Selbstwertgefühle enorm groß!

Missglück es den Eltern hingegen, aus was für Gründen auch immer – ihren Nachwuchs das Gefühl bedingungsloser Liebe zu geben, werden hier die Weichen für eine ungünstige Entwicklung gestellt. (Ich bin es nicht wert, dass … ) Die Wirkung der frühen Kindheitseinflüsse sind aber Gott sei dank nicht in Stein gemeißelt, sondern durchaus veränderbar! Sie können ihre Macht verlieren, sobald wir neue, korrigierende Erfahrungen sammeln.

Die Basis für ein starkes Selbstwertgefühl

Das Urvertrauen und das Gefühl auf dieser Welt willkommen zu sein, sind die Basis für ein starkes Selbstwertgefühl. Menschen, die Urvertrauen entwickelt haben, fühlen auf einer ganz tiefen Ebene ihres Bewusstseins – Vertrauen in sich selbst. Für unser Selbstbewusstsein ist ganz entscheidend, dass wir früh mit genügend Aufmerksamkeit, Herzenswärme und Körperkontakt versorgt wurden – Oder später korrigierend, neu erlernen! Damit sich ein stabiles Selbstwertgefühl entwickelt, muss und sollte ein Kind das Gefühl haben, seine Eltern bzw. Bezugsperson zu “genügen”. Das Vertrauen was Eltern zu ihrem Kind haben, wird zum Selbstwertgefühl.

Welche Auswirkungen hat ein geringes Selbstwertgefühl

Das Epizentrum speist unsere psychischen Ressourcen. In meiner praktizierenden Arbeit als Therapeutin habe ich immer wieder festgestellt, wie zentral das Thema: Selbstbild, eines Menschen für all seine komplexen Beziehungen zu sich selbst und zu seiner Umwelt ist. Es entscheidet darüber, mit welchen Augen der Mensch andere Menschen betrachtet und wie er sich ihnen gegenüber verhält. Wer kein Urvertrauen entwickeln konnte, empfindet wenig inneren Halt. Menschen mit geringem Selbstwertgefühl wünschen sich stattdessen, dass die anderen ihnen ein Gefühl von Sicherheit, Schutz, Geborgenheit und Heimat vermitteln. Sie suchen nach einer Heimat bei ihrem Partner, ihren Kollegen, im Freundeskreis. Und sie sind stets aufs Neue enttäuscht, wenn die anderen Menschen ihnen bestenfalls sporadisch ein Heimatgefühl vermitteln können. Sie merken nicht, dass sie in der Falle stecken: Wer keine innere Heimat hat, wird sie auch im Außen auch leider nicht finden.

Wie hängen Unsicherheit und ein geringes Selbstwertgefühl zusammen

Menschen mit geringem Selbstwertgefühl verspüren Unsicherheiten in Beruf und haben oft Beziehungsschwierigkeiten. Sie zweifeln immer wieder, ob das Gegenüber, der Partner, die Chefin oder die neue Bekanntschaft sie wirklich mag und ob sie willkommen sind. Ein Beispiel. Wenn jemand über sich denkt „Ich bin nicht gut genug, ich genüge nicht“, dann wird derjenige oder diejenige andere Menschen häufig als überlegen wahrnehmen. Dass er oder sie sich unterlegen fühlt, wird weitreichende Folgen auf die Gestaltung aller Beziehungen haben. Die Angst davor, von anderen Menschen aufgrund der gefühlten Minderwertigkeit abgelehnt zu werden, wird einen großen Raum im Erleben einnehmen und dazu motivieren, viele Dinge zu tun: Einige passen sich beispielsweise zu sehr an und bemühen sich ständig; andere distanzieren sich, um gar nicht erst abgelehnt werden zu können.

Wie kann man das Selbstwertgefühle stärken

An vielen der Erfahrungen und Erlebnisse, die unser Selbstwertgefühl beeinflusst haben, erinnern wir uns als Erwachsene nicht bewusst. In der Verhaltenstherapie sprechen wir von Kindheitsprägungen – im Positiven wie im Negativen – „Das Innere Kind“.  Unser „Inneres Kind“ beeinflusst auf der unbewussten Ebene sehr machtvoll unser Selbstbild, unseren Selbstwert und unsere Wahrnehmung. Es ist zunächst wichtig zu wissen, sich zu verdeutlichen, dass diese innere Programmierung willkürlich ist. Sie stammt von unseren Eltern oder Bezugspersonen und hat nichts mit uns und unserer tatsächlichen Persönlichkeit zu tun!

Der nächste Schritt ist, sich deren inneren Überzeugungen bewusst zu machen, mit denen wir uns fälschlicherweise klein machen. Diese Überzeugungen manifestieren sich in Glaubenssätzen wie „Ich bin zu dumm“, „Ich muss mich mehr anstrengen“ oder „Mich kann man einfach nicht mögen“. Von der Identifikation mit diesen negativen Glaubenssätzen müssen wir uns lösen. Ein Schritt dorthin ist, die Glaubenssätze kritisch zu hinterfragen und gegebenenfalls umzudrehen. Aus „Ich bin ein Nichts“ kann man etwas machen wie „Ich bin wichtig“ oder „Für XYZ bin ich wichtig“.

Verinnerlichte Glaubenssätze und wie ich die Welt sehe

In Abhängigkeit davon, wie ausreichend und bescheiden diese kindlichen Bedürfnisse erfüllt werden, verinnerlichen wir Menschen “Geheime Glaubenssätze”.  Röhr spricht von “Programmen”. Geheim, im Sinne von, weil sie unbewusst sind und entsprechend unbemerkt im Verborgenen wirken. Wir alle haben zentrale Lebensmuster in uns gespeichert, nach denen wir unseren Alltag ausrichten.

Hier sprechen wir von “Glaubenssätze sind wie eine Brille, durch die wir unsere Welt sehen. Es ist wichtig, sich mit seinen manifestierten Glaubenssätzen zu befassen. “Ich genüge (mir) wie ich bin.” oder “Ich darf Fehler machen.” oder “Ich habe ein Recht auf meine eigenen Meinung.” Hingegen negative Glaubenssätze: “Ich bin nicht willkommen.” oder “Ich bin wertlos.”, “Ich bin ein Verlierer.”

Unsere Glaubenssätze sind fest in unserem Gehirn; in unserem “Psychischen Betriebssystem – Das Epizentrum” gespeichert, somit in unserer Persönlichkeit verankert.

Übungen für den Alltag für mehr Selbstbewusstsein

Wie die meisten Softskills können wir auch unser Selbstbewusstsein im Alltag trainieren.

Im Alltag fokussieren wir uns oft zu sehr auf unsere vermeintlichen Schwächen. Wir ängstigen uns vor diesen. Es hilft aber bei allem – in Beziehungen, im Job, bei Zielen – wenn wir uns unserer Stärken und Ressourcen bewusst sind.

Als eine Übung empfehle ich, seine Stärken und Ressourcen auf ein Blatt Papier aufzuschreiben. Zu den Stärken zählen Fähigkeiten und Charaktereigenschaften wie etwa Mut, Humor, Treue, Kreativität oder Neugierde. Wenn es einem schwerfällt, sich selbst zu loben, kann man sich vorstellen, was Freunde und Bekannte Positives über einen sagen würden. Das Papier bleibt dann mindestens 7 Tage am Arbeitsplatz liegen – Denn über 7 Tage werde Sie mit Sicherheit viele Stärken an sich selbst erkennen. Des Weiteren empfehle ich auch, die Familie, den BestBuddy, die Liebste oder den Lieblingskollegen miteinzubeziehen und um eine ehrliche Antwort zu bitten: Welche Stärken siehst du in mir?

Als Nächstes werden die Ressourcen ermittelt: Welche Dinge geben Halt und innere Ruhe? Sind es der Job oder die Natur, Musik, Lesen oder Sport? Oder das Zusammensein mit Familie und Freunden? Auch diese Kraftquellen kann man auf das Blatt Papier schreiben. Diesen Reminder sollte man sich so aufhängen oder platzieren, dass man ihn im Alltag immer wieder sieht und sich ins Gedächtnis ruft, was den Selbstwert stärkt und ausmacht.

Selbstwert – Das Epizentrum

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Panikattacken

Wenn der Körper ohne Grund in Alarmbereitschaft gerät

Stell dir vor, du sitzt ganz ruhig im Restaurant, vielleicht möchtest du zu Abend essen – mit deiner Frau, deinem Mann oder mit lieben Freunden. Du unterhältst dich über aktuelle Themen mit Freunden oder bist einfach nur in Gedanken versunken. 

Plötzlich setzt ein überwältigendes Gefühl von Angst ein – dein Herz beginnt zu rasen, du hast von einem Moment auf den anderen das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen, deine Hände werden feucht, und du spürst, wie dein Körper in völlige Anspannung gerät. 

In deinem Kopf häufen sich die Gedanken: “Was passiert hier? Geht es mir gut? Wird es noch schlimmer?” Und in diesem Moment fragst du dich, ob du wirklich in Gefahr bist oder ob es einfach nur eine Panikattacke ist.

Für Menschen, die unter Panikattacken leiden, kann dieser Moment beängstigend und völlig unvorhersehbar sein. Diese plötzlichen, intensiven Angstanfälle treten oft ohne ersichtlichen Grund auf und überfordern Körper und Geist. Es ist, als ob der Körper auf eine Bedrohung reagiert, die nicht wirklich existiert. Doch was passiert in solchen Momenten wirklich im Körper und Gehirn? Warum fühlt es sich an, als würde die Welt plötzlich auf den Kopf gestellt, obwohl keine unmittelbare Gefahr besteht?
In diesem Beitrag werfen wir gemeinsam einen Blick auf die wissenschaftlichen Mechanismen hinter Panikattacken und ich erkläre, wie sie entstehen – und was wir tun können, um ihnen zu begegnen.

Was passiert im Körper und Geist

Panikattacken sind mehr als nur ein flüchtiges Gefühl der Angst. Sie sind intensive Episoden, in denen der Körper und Geist scheinbar ohne Vorwarnung in Alarmbereitschaft versetzen. Doch was passiert eigentlich im Inneren, wenn diese plötzlichen „Angststürme“ uns übermannen? Werfen wir einen wissenschaftlichen Blick auf die Mechanismen, die hinter Panikattacken stecken, und erklären auf, wie unser Gehirn und Körper in solchen Momenten reagieren.

1. Das limbische System und die Amygdala: Die "Angstzentrale" des Gehirns

Unsere Wahrnehmung von Bedrohung und Gefahr wird im Gehirn durch das limbische System, insbesondere durch die Amygdala, verarbeitet. Die Amygdala ist das Zentrum für emotionale Reaktionen und spielt eine zentrale Rolle bei der Entstehung von Angst. Bei einer Panikattacke kommt es zu einer übermäßigen Aktivierung der Amygdala, oft ohne dass eine konkrete Bedrohung vorliegt. Diese Fehlreaktion des Gehirns lässt den Körper in den „Kampf-oder-Flucht“-Modus schalten – eine Reaktion, die ursprünglich dazu diente, uns vor Gefahren zu schützen. Doch in der modernen Welt, in der die meisten von uns keine realen „Angriffe“ zu fürchten haben, löst diese Reaktion in manchen Fällen Panikattacken aus, die ohne äußeren Anlass auftreten.

2. Körperliche Symptome: Eine Kettenreaktion des Körpers

Die „Kampf-oder-Flucht“-Reaktion führt zu einer Vielzahl von körperlichen Symptomen, die die Panikattacke begleiten:

  • Herzklopfen oder beschleunigter Herzschlag
  • Schwitzen, oft in Verbindung mit Hitzewallungen
  • Atemnot oder das Gefühl, keine Luft zu bekommen
  • Schwindel oder das Gefühl, ohnmächtig zu werden
  • Krämpfe oder Bauchschmerzen
  • Übelkeit oder Verdauungsprobleme

Diese Reaktionen sind eine direkte Folge der Ausschüttung von Adrenalin und Cortisol, den beiden Stresshormonen, die der Körper in Gefahrensituationen freisetzt. Sie bereiten den Körper darauf vor, schnell zu handeln. Doch bei einer Panikattacke passiert dies ohne eine tatsächliche Bedrohung, was die Symptome oft als übertrieben und unangemessen erscheinen lässt.

3. Kognitive Verzerrungen: Die Angst vor der Angst

Ein weiterer wichtiger Faktor bei Panikattacken ist die Art und Weise, wie wir körperliche Empfindungen interpretieren. Ein schneller Herzschlag, der vielleicht durch ein hohes Stressniveau verursacht wurde, wird oft als Anzeichen für einen Herzinfarkt fehlinterpretiert. Diese kognitiven Verzerrungen verstärken die Angst und können den Beginn einer Panikattacke auslösen oder die Symptome noch verschärfen. Dies führt zu einem Teufelskreis: Je mehr man sich auf die unangenehmen körperlichen Symptome fokussiert, desto mehr wächst die Angst davor – und umgekehrt. Diese selbstverstärkende Spirale kann eine Panikattacke in Gang setzen, die sich dann immer weiter ausdehnt.

4. Neurobiologische Mechanismen: Der Einfluss von Neurotransmittern

Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass bei Panikattacken auch eine Dysbalance in der Ausschüttung bestimmter Neurotransmitter eine Rolle spielt. Neurotransmitter wie Serotonin, GABA (Gamma-Aminobuttersäure) und Noradrenalin sind entscheidend für die Regulierung von Stimmung, Angst und Stressreaktionen. Eine Fehlregulation dieser chemischen Botenstoffe kann dazu führen, dass der Körper auf Stresssignale überempfindlich reagiert, was zu Panikattacken führt. In manchen Fällen kann eine verminderte Aktivität von GABA, einem hemmenden Neurotransmitter, der normalerweise beruhigend wirkt, dazu führen, dass der Körper auf Stress verstärkt reagiert. Gleichzeitig kann ein Überschuss an Noradrenalin, einem Erregungsbotenstoff, das Gefühl von Übererregung und Angst verstärken.

5. Genetische und Umweltfaktoren: Eine komplexe Wechselwirkung

Die Entstehung von Panikattacken ist nicht nur eine Frage der Biologie, sondern auch der Umwelt und der persönlichen Lebensgeschichte. Genetische Faktoren spielen eine Rolle – Menschen mit einer familiären Vorbelastung für Angststörungen sind häufiger von Panikattacken betroffen. 

Auch traumatische Erlebnisse, chronischer Stress oder ungelöste Konflikte können die Wahrscheinlichkeit erhöhen, Panikattacken zu entwickeln.

In vielen Fällen ist es eine Kombination aus genetischer Prädisposition und Umweltfaktoren, die den Auslöser für eine Panikattacke liefert. Dies erklärt, warum nicht jeder, der unter Stress leidet, auch tatsächlich Panikattacken erlebt.

Conclusio:

Panikattacken verstehen und behandeln

Panikattacken sind kein Zeichen von Schwäche und schon gar kein „verrückt werden“. Sie sind Ausdruck einer tiefgreifenden biologischen und psychischen Reaktion auf wahrgenommene – oft unbewusste – Überforderungen. Sie zeigen uns, dass das autonome Nervensystem in Alarmbereitschaft gerät, obwohl keine reale Gefahr vorliegt. Dieses Missverhältnis zwischen innerem Erleben und äußerer Realität kann zutiefst verunsichern – und gleichzeitig ist genau hier der Ansatzpunkt für Verständnis und Veränderung.

Die gute Nachricht ist: Panikattacken sind behandelbar. 

Moderne psychotherapeutische Verfahren – insbesondere die kognitive Verhaltenstherapie, aber auch körperorientierte Ansätze, wie Achtsamkeits- Methoden und Verfahren zur Emotionsregulation – zeigen nachweislich gute Erfolge. 

Entscheidend ist, die Angst nicht länger als Gegner, sondern als Botschafter zu betrachten. Sie trägt Informationen über unser Innenleben in sich, über Grenzen, über nicht beachtete Belastungen, über emotionale Altlasten, die vielleicht schon lange auf Gehör warten.

Für viele beginnt der Weg aus der Panik mit einem einfachen, aber kraftvollen Schritt: dem Verstehen. Zu begreifen, dass das, was geschieht, erklärbar ist – neurobiologisch, psychologisch, erfahrungsbasiert. Und dass man damit nicht allein ist.

Wer Panikattacken erlebt, verdient keine Scham, sondern Mitgefühl und fachkundige Unterstützung. Es braucht Mut, sich dem zuzuwenden, was so überwältigend erscheint – doch genau darin liegt auch die Chance auf innere Stärke, Selbstwirksamkeit und Heilung.

Sie möchten sich Unterstützung holen

Wenn Sie selbst von Panikattacken betroffen sind oder jemanden begleiten, der darunter leidet, stehe ich Ihnen gern zur Seite. In einem geschützten und vertrauensvollen Rahmen können wir gemeinsam verstehen, was Ihre Symptome ausdrücken möchten – und wie Sie Schritt für Schritt wieder in Ihre innere Sicherheit und Selbstwirksamkeit finden können. Ich biete psychologische Beratung und Einzelstunden für Menschen an, die sich wieder mit ihrer eigenen Stärke verbinden möchten – fundiert, empathisch und individuell auf Ihre Situation abgestimmt. Nehmen Sie gern Kontakt mit mir auf, wenn Sie einen Termin vereinbaren möchten oder noch Fragen haben. Der erste Schritt beginnt oft mit einem Gespräch. Ich freue mich darauf, Sie kennenzulernen.

Panikattacke